Potosí, einst die mächtigste Minenstadt Amerikas. Potosí zählt seit 1987 zum UNESCO Weltkulturerbe, liegt einsam inmitten einer kargen Bergwelt in 4.070m Höhe im südlichen Zentral-Bolivien. Es ist eigentlich unvorstellbar, dass Potosí im Jahr 1650 eine Einwohnerzahl von 160.000 erreichte und zu dieser Zeit europäische Städte übertraf. Immerhin war Potosí zu dieser Zeit die drittgrößte Stadt der Welt und das verdankte Potosí dem Silberreichtum aus den Silberminen des den Cerro Rico.
Die Anreise nach Potosí
Potosí ist bequem mit dem Bus von Uyuní, Oruro, Sucre, La Paz oder Cochabamba zu erreichen. Einen Flugplatz gibt es auch, daher kannst du theoretisch auch mit dem Flugzeug anreisen. Die meisten werden aber wohl mit dem Bus kommen. Vom Busbahnhof geht es am einfachsten für ein paar Bolivianos mit dem Taxi in die Innenstadt oder in dein Hostel. Vielleicht gibt es noch ein paar Reisende, mit denen du ein Taxi zusammennimmst, dann wird es noch günstiger. So habe ich das gemacht.
Die Silberminen der Kooperativen von Potosí
Das Silber war irgendwann weg und in den 1990er Jahren wurden die ausländischen Firmen von der Regierung quasi aus dem Land geschmissen. Daraufhin kam die Produktion in den Minen völlig zum Erliegen und es bildeten sich Bergarbeiterkooperativen. Diese Bergarbeiterkooperativen sind selbstorganisiert und arbeiten unter unbeschreiblichen Arbeitsbedingungen weiter im Berg Cerro Rico. Heute werden hauptsächlich Zinn, Kupfer und Silber in Potosí abgebaut. Leider gibt es sehr niedrige Technologie- und Sicherheitsniveau bei den Kooperativen und dies führt zu vielen Arbeitsunfällen mit nicht selten schweren Gesundheitsschäden wie zum Beispiel einer Staublunge. Noch heute sterben im Jahr einige Arbeiter und pro Tag verunglücken ca. drei bis vier Mineros. Als ich dies den Guide fragte, bekam ich die Antwort erst als wir wieder aus der Mine draußen waren. Der Aberglaube sitzt tief, selbst bei den Guides. In den Minen arbeiten heute noch bis zu 15000 Bergarbeiter in über 50 Kooperativen.
Unser Guide erklärte uns, dass die Kinderarbeit in Bolivien verboten sei, jedoch hat die Regierung im 17. Juli 2014 ein neues Gesetzt erlassen, ab dem sogar 10-jährige Kinder arbeiten dürfen. Das finde ich krass und kann mir sowas heutzutage nicht vorstellen. Der Guide meinte auch, dass in den Minen keine Kinder mehr arbeiten und wenn, dann würden diese zwar jetzt noch unter 18 Jahren sein, aber schon seit sehr vielen Jahren schon in der Mine arbeiten. Er meint wohl so etwas wie „Bestandsschutz“, nur dass das etwas deplatziert ist. Selber habe ich keine Kinder in der Mine gesehen, nur einen 17-Jährigen, aber dazu später. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Mineros liegt bei 45 Jahren und sehr wenige Bergarbeiter können mehr als 10 Jahre regelmäßig in den Minen arbeiten.
Der Besuch einer Silberminen von Potosí
Die Silberminen von Potosí wollte ich unbedingt besuchen und das ist auch nicht gerade schwer. In Potosí gibt es an jeder Ecke ein Dutzend Tour Anbieter, der eine Silberminenbesichtigung anbietet. Ich buche also neben meinem Hostel eine Tour und am selben Nachmittag soll es noch losgehen, denn über das Wochenende ist nicht viel los in den Minen. Samstag arbeiten zwar noch ein paar Bergarbeiter, aber sonntags sind die meisten bei ihren Familien und gönnen sich ein Tag mit ihren Lieben, denn oft sehen sie diese nur an einem Sonntag.
Was beinhaltet die Silberminen Tour
Meine gebuchte Silberminen Tour beinhaltet den englischsprechenden Guide und die komplette Ausrüstung für den Besuch der Silbermine. Mit dem Kleinbus geht es mit ein paar anderen Teilnehmern erst auf den Markt und danach werden wir mit Gummistiefeln, Helm, Schutzjacke und Schutzhose ausgerüstet. Zu guter Letzt gibt es noch eine Kopflampe, damit ich auch was sehe in der Mine.
Der Markt der Silberminenarbeiter
Bevor es aber in die Silbermine und zum Anziehen der Schutzkleidung geht, geht es auf den Markt der Silberminenarbeiter. Unser Guide erklärte unserer kleinen Gruppe, dass die Bergarbeiter in ihren Pausen zu diesem Markt gehen um sich hauptsächlich ein kostengünstiges und nahrhaftes Essen zu holen. Selbstverständlich gibt es auch viele andere Waren, wie Kartoffeln und Obst zu kaufen.
Der Kiosk der Silberminenarbeiter
Fast wichtiger wie das Mittagessen ist der Kiosk der Silberminenarbeiter. Hier am Kiosk gibt es alles was das Herz des Silberminenarbeiters begehrt. Frei käuflich gibt es dort TNT, Ammoniumnitrat (zum TNT damit es richtig BUM macht), Zündschnüre, 96% Alkohol (zum Mixen mit Limo) und vor allem Koka-Blätter. Gerne hätte ich mal so eine Stange TNT mitgenommen und angezündet, aber das war leider nicht drin. Hier bittet uns der Guide ein oder zwei Kleinigkeiten davon zu kaufen, um diese dann als kleines Gastgeschenk den Minenarbeitern mitzunehmen. Ich habe mich für ein Beutel Koka-Blätter und eine Fanta Flasche entschieden und kaufe sie dort.
Auf in die Silbermine
Die Silbermine wartet und nachdem die Schutzkleidung übergezogen ist, geht es mit dem Kleinbus zum Eingang der Silbermine. Die Tour soll durch verschiedene Stollen gehen und ca. zwei Stunden dauern. Am Eingang stehen viele leere Loren rum und wir folgen dem Gleis und werden vom Berg langsam verschluckt. Die Luft wird Meter für Meter schlechter und da Potosí auf 4000 Meter liegt merkt man dies. Der Gang wird immer enger und kleiner, so dass man schon gebüggt laufen muss. Immer tiefer geht es in den Berg, ab und an kommen uns Minenarbeiter entgegen und grüßen uns freundlich. Unser Guide fragte die Minenarbeiter, wo gerade die Löcher für die Sprengungen gebohrt werden und wir nehmen sozusagen „Lunte auf“.
Irgendwo steht eine selbstgezimmerte Leiter an der Seite und am Ende ist ein Loch an der Decke. Da geht´s hoch meint der Guide, aber bitte immer nur Einer nach dem Anderen. Festhalten kann man sich glücklicherweise noch an einer Starkstromleitung, die hoffentlich gut isoliert ist. Das hochklettern ist gar nicht mal so einfach, vor allem mit meiner Fototasche. Oben ist der Gang noch kleiner, auf dem Weg gibt es riesige Löcher im Boden, die mit einer Planke die Enden verbinden. Runterfallen sollen wir nicht, es sei tief. Wir treffen einen Minenarbeiter, der dort alleine arbeitet. Unser Guide erklärt, dass er „gutes Gestein“ sucht und es alleine abbaut. Sein Sack war auch mit Erzen voll und nach einem kleinen Plausch freut er sich über meine Koka-Blätter.
Der Sprengung glücklicherweise entkommen
Nachdem wir die Leiter wieder runtergeklettert waren, wollten wir dann noch eine Ebene weiter runter klettern, denn dort wurden gerade die Löcher für die Sprengung gebohrt. Das dachte zu mindestens unser Guide und glücklicherweise trödelte jemand aus der Gruppe. Als wir das kleine Loch im Boden erreichten machte s WUMM, ganze zwölf Mal gab es einen wahnsinnigen BASS-WUMM und man konnte selbst ein Stockwerk drüber noch die Auswirkungen der Druckwelle spüren. Wären wir nur ein paar Minuten früher abgestiegen, dann wären wir voll in die Sprengung und den damit verbundenen Staub gekommen. Wir warteten einige Minuten und dann kamen aus dem Loch, in das wir absteigen wollten, drei Bergarbeiter herausgekrochen. Ich sah in deren Gesichter, die gezeichnet von der Anstrengung waren um den Schacht nach der Sprengung zu verlassen. Was für ein Glück hatten wir gerade, dass wir nicht abgestiegen sind!
Wir haben zwar nicht das Bohren der Löcher gesehen, aber dafür luden uns die Bergarbeiter auf ein Freitags-Feierabend-Bierchen ein. Sie holten einen Becher raus und jeder aus der Gruppe musste einen Schluck für „Pachamama“ (Göttin Mutter Welt) opfern und dann selber trinken. Wie selbstverständlich sie mit uns das Bier teilten fand ich klasse und danach bekamen sie auch noch ein paar Mitbringsel unserer Gruppe.
Ein Besuch beim Teufel
Die Minenarbeiter sind sehr gläubig und beten außerhalb der Mine zu Gott. Innerhalb der Mine verehren sie jedoch den Teufel, den sie „Tio“ nennen. Jede Mine hat ihren eigenen „Tio“ und die Teufelsfigur ist teilweise menschengroß. Dem „Tio“ wird Alkohol, Kokablätter und Zigaretten geopfer. Sie glauben, dass Gott unter der Erde keine Macht hat und sie im Reich des Teufels arbeiten, der ihnen gute Erzadern zeigen oder sie durch Steinschläge, Explosionen oder Silikose vernichten kann. Dieser Glaube, der vor allem durch Furcht vor dem unberechenbaren Zorn des Tio geprägt ist steckt tief in den Minenarbeitern drin.
Kosten der Silberminen-Tour
Die Kosten einer Silberminen-Tour halten sich in Grenzen, aber generell ist Bolivien ein günstiges Reiseland. Die Silberminen-Tour kostete 90,00 Bolivianos (ca. 11,25 Euro Stand 2018) . Dazu kommen noch die „Gastgeschenke“ für die Minenarbeiter, bei denen du mit ungefähr 10,00 Bolivianos (ca. 1,25 Euro Stand 2018) rechnen solltest. Ein Wort noch zu den „Gastgeschenken“; Du musst hier nichts für die Minenarbeiter kaufen, jedoch ist die Mine ein regulärer Arbeitsplatz und die Minenarbeiter haben nichts gegen Besucher und freuen sich auch über diese, zu mindestens hatte ich das Gefühl. Klar hegen sie die Hoffnung ein „Gastgeschenk“ zu bekommen, denn das ist für sie eine große Freude. Ein Minenarbeiter verdient für Bolivien noch recht gut, aber bei der Arbeit ist gut relativ und somit sparen sie beim nächsten Einkauf ein paar Bolivianos. Man sollte wissen, dass es für sie viel ist und für uns Touristen nicht viel.
Die Gesamtkosten der Silberminen-Tour betrugen € 12,50 Stand 2018.
Ein kleiner Spaziergang durch Potosí
Die Hauptattraktion in Potosí sind die Silberminen, aber Potosí ist kulturell durchaus interessant. Durch den früheren Reichtum der Stadt gibt es sehenswerte Kolonialarchitektur und bei einem Sparziergang durch die Stadt kommt man voll auf seine Kosten. 1987 wurde dies auch von der UNESCO so gesehen und verlieh Potosí den Status Weltkulturerbe.
Plaza 10 de Noviembre in Potosí, Bolivien
Mit der Kathedrale, der berühmten Münzprägeanstalt, dem Rathaus und anderen majestätischen Kolonialbauten ist der Plaza 10 de Noviembre in vielerlei Hinsicht das Zentrum von Potosí.
Um den Plaza 10 de Noviembre, der direkt im Herzen der Stadt liegt, stehen alle wichtigen kolonialen Sehenswürdigkeiten von Potosí. Von hier aus starten wir unseren kleinen Sparziergang durch die Stadt. Übrigens geht die Bezeichnung „Platz des 10. Novembers“ geht auf den 10. November des Jahres 1810 zurück. An diesem Tag begann in Potosí der Unabhängigkeitskrieg Boliviens, denn sonst heißen die Hauptplatze in Südamerika immer „Plaza de Armas“. An den Unabhängigkeitskampf erinnert eine Mini-Ausgabe der Freiheitsstatue, die mit erhobener Fackel und Sternenkrone auf einer Säule in der Mitte des Platzes thront.
Kathedrale San Luis in Potosí
Die Kathedrale San Luis dominiert den Plaza 10 de Noviembre, denn das gewaltige Gotteshaus wird als eine der bemerkenswertesten Kolonialbarock-Bauten von Lateinamerika betrachtet.
Im Jahre 1807 stürzte die damalige Kirche fast völlig in sich zusammen, so dass die jetzige Kathedrale San Luis in den Jahren 1809 bis 1839 gebaut wurde. Du kannst heute den Glockenturm besteigen und wirst mit einem sensationellen Blick über die Dächer der Stadt und den Cerro Rico mit seinen berühmten Silberminen erleben.
Casa Real de la Moneda (Schatzhaus) in Potosí
Gegenüber der Kathedrale liegt die Primera Casa de Moneda, also die erste Münzprägeanstalt der Stadt. Hier wurde von den Spaniern direkt vor Ort das Silbervorkommen des Cerro Rico in Münzen umgewandelt. Dadurch gewann Potosí damals wirtschaftlich an Bedeutung, brachte Wohlstand und viele Arbeitsplätze. In dieser Zeit wuchs Potosí gewaltig und das konnte man auch am Bevölkerungszuwachs sehen. Damals hatte Potosí mehr Einwohner als Paris oder London.
Am Busbahnhof in Potosí geht es noch auf den Rummelplatz
Es geht nach einem Tag schon weiter und ich verlasse mit meinen Reisebuddys Potosí nach Sucre. Ob das mit Sucre eine gute Idee ist wird sich noch zeigen, denn dort wird gestreikt. Am Busbahnhof bekommen wir zwar eine Busfahrkarte, aber der Bus würde nur bis an die Stadtgrenze fahren.
Während wir auf den Bus warten, vertreibe ich mir die Zeit auf dem Rummelplatz von Potosí. So wie es aussieht, steht dieser dort ganzjährig und ziehen die Familien und Kinder aus der Stadt an.
Neben dem Riesenrad, der Achterbahn und dem Autoscooter gibt es auch leckere kandierte Früchte. Der Rummelplatz versüßt mir sozusagen die Wartezeit, bevor es zu einem neuen Abenteuer geht.
Bilder zur Potosí Silberminen Tour
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